Eröffnung: Di, 02.09.2025, 19 Uhr (mit einem DJ-Set von Miyra Lim)
Laufzeit: Mi, 03.09. – Sa, 08.11.2025
Künstler*innen: Davide Allieri, Mila Balzhieva, Evelina Hägglund, Femke Herregraven, Miriam Kongstad, Sahej Rahal, Andreia Santana, Siggi Sekira, Marianne Vlaschits
Kuratorinnen: Tjaša Pogačar & Frederike Sperling
Performances:
Di,16.09.2025 I Miriam Kongstad, Free-Fall (2023)
Mi, 29.10.2025 I Marianne Vlaschits, A Wobbly Federation of Tongues, Hands, Faces and Lungs (2025)
Das Gefühl, etwas „auf der Zunge liegen zu haben“, kann beunruhigend sein: Die Welt scheint stillzustehen – nur für einen Moment, und doch fühlt es sich an wie eine Ewigkeit. Unter dem Druck, weiterzusprechen, erstarren auch wir. Wir greifen nach Gedanken, murmeln zögerlich und formen stumm mögliche Wörter in unserem Mund. Keines scheint wirklich passend. Dann, irgendwann, stellt sich in der Regel das fehlende Wort ein: Es füllt die Lücke, glättet den Austausch und ermöglicht dem Erzählfluss – und mit ihm der Welt, die er produziert – seine Fortsetzung. In solchen Momenten entpuppt sich das gesuchte Wort oft als ein vertrautes – eines, das dazugehört und uns versichert, dass auch wir dazugehören.
Es gibt jedoch auch andere Situationen, in denen wir in der Stille gefangen sind, nicht auf der Suche nach vertrauten Worten, sondern nach überhaupt irgendwelchen. Momente, in denen die vorhandene Sprache – mit ihrem normierten Tempo und ihren starren Begriffssystemen – uns im Stich lässt: weil das, was wir ausdrücken wollen, zu intensiv oder zu komplex ist, oder weil die Welt, die wir zu beschreiben versuchen, bereits ausgelöscht wurde oder noch gar nicht existiert.
On a tongue’s tip, at a world’s lip nimmt diesen Moment der unterbrochenen Erzählung – der Pause zwischen Worten – als Metapher für ein Interregnum zwischen Welten. Innerhalb dieser Lücke sucht die Ausstellung nach Möglichkeiten anderer Formen des Weltbezugs und fragt, welche alternativen Wege des Verstehens und In-Beziehung-Tretens in diesem ungezähmten Terrain liegen könnten.
Die Werke dieser Ausstellung verkörpern eine Art polyrhythmischen Chor. Einer, der weniger eine singuläre, eloquente Antwort bietet als vielmehr multiple prophetische Botschaften von sich gibt – jede von ihnen entzieht sich einer endgültigen sprachlichen Fassung. Sich der Lücke und dem Schweigen anschmiegend, schaffen die Arbeiten Raum und Zeit für Seufzer, Murmeln, Stottern, Bewegungen und Erfahrungen an den Grenzen von Sprache und Kommunikation. Sie beschwören eine andere Vision von Wirklichkeit – eine, die über unseren Zustand ständiger „Unmittelbarkeit“ (Anna Kornbluh, Immediacy, or The Style of Too Late Capitalism, 2025) hinausweist: eine Welt, die nicht dem ökonomischen Imperativ von Unmittelbarkeit, Flow und Effizienz folgt, sondern sich aus den stockenden, unflüssigen Rhythmen des Daseins formt.
Die Ausstellung wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung von Danish Arts Foundation, Mondriaan Fund, Swedish Arts Grants Committee, Slowenisches Kulturinformationszentrum SKICA Wien, Galerie Hubert Winter, Projekt Atol Ljubljana
Tjaša Pogačar ist unabhängige Kuratorin und lebt in Ljubljana und Prag. Von 2022-23 war sie als Gastkuratorin an der Kunsthalle Bratislava tätig, von 2021 bis 2024 war sie Kuratorin für visuelle und neue Medienkunst am Projekt Atol Institute in Ljubljana. Sie kuratierte die 34. Biennale von Ljubljana, die ZONE1 im Rahmen der viennacontemporary, zwei Ausgaben der IFCA Maribor sowie Ausstellungen im SUMO Prag, Škuc, Aksioma und im Museum für zeitgenössische Kunst Ljubljana. Pogačar ist Mitbegründerin und Chefredakteurin der Zeitschrift Šum für Kunst und theoretische Fiktion und promoviert derzeit an der Akademie der Bildenden Künste in Prag zum Thema Ausstellungsmachen als kollektive Praxis des World(build)ing.